Alles «nur Spass» oder längst nicht mehr lustig?
Adam geht in die dritte Klasse. Er verhält sich seinen Mitschülern gegenüber häufig ängstlich und ist unsicher, wie er sich in in die Klasse integrieren soll. Seine Mitschülerin Maria steht gerne und häufig im Mittelpunkt. Maria ist deutlich grösser als auch stärker als Adam und wird häufiger aggressiv. Aus einem unbekannten Grund schliesst Maria Adam seit über einem Jahr aus. Sie beleidigt ihn vor allen oder nimmt ihm seine Sachen weg. Adam ist in dieser Situation hilflos und weiss sich nicht zu wehren. Die Situation hat sich so weit zugespitzt, dass immer mehr Mitschüler Adam ausschliessen und beleidigen. Zu Hause und alleine weint Adam viel und denkt, er sei nichts wert. Um das Problem zu umgehen, will Adam nicht mehr in die Schule gehen.
Dies ist ein Beispiel für Mobbing, Adam ist der Gemobbte und Maria im Beisein der Mitschüler die Mobbende. Mobbing kann jeden treffen, in jedem Alter und jeder sozialen Umgebung. Auch Mikro-Mobbing-Erfahrungen haben langfristig negative Auswirkungen auf das Leben – für die Gemobbten, als auch für die Mobbenden.
Was ist Mobbing?
Mobbing wird dadurch definiert, dass eine Person wiederholt und über einen längeren Zeitraum negativen Verhaltensweisen ausgesetzt ist. Diese werden durch eine oder mehrerer Personen ausgeübt und können sowohl physisch, verbal als auch non-verbal sein. Non-verbale Verhalten zeichnen sich z. B. durch verletzende Gesten aus oder dadurch, dass die Person ausgegrenzt oder ihre Meinung missachtet wird.
Während diesen Situationen nutzt das Gegenüber oder sogar eine ganze Gruppe ihre stärkere Machtposition aus. Gemobbte sind in diesen Situationen hilflos, da sie sich nicht verteidigen oder wehren können. Häufig sind sie auch körperlich unterlegen. Insbesondere ängstliche oder unsichere Personen wie auch sensible und ruhige Personen werden häufiger gemobbt. Mobbende Personen hingegen neigen häufiger zu aggressiven Verhaltensmustern. Sie zeigen dies gegenüber den Mitschülern, Lehrpersonen, Eltern oder Geschwistern. Zudem fehlt es ihnen an Einfühlungsvermögen gegenüber anderen Menschen.
Cyber-Mobbing
Heutzutage tritt Mobbing immer häufiger unter der Nutzung des Internets und den sozialen Medien (wie Chats, etc.) in Form von Cyber-Mobbing auf. Das Mobbing findet nicht mehr nur in der Schule und vor allen Anwesenden, sondern pausen- und schrankenlos in Schule wie im Privaten statt. Gemobbte erleben kaum noch Erholungszeit von Mobbing, da das Mobbing auch nach der Schule zu Hause weitergeht, was den Leidensdruck deutlich erhöht. Da die Cyber-Mobbing-Situationen nicht mehr von Angesicht zu Angesicht stattfinden, erfahren die Mobbenden nicht direkt, wie das Verhalten ankommt. Sie sehen das Leid nicht. Das Internet setzt wiederum die Gemobbten einer Öffentlichkeit in sowohl grösserer Zahl als auch Reichweite aus. Veröffentlichte Beiträge sind schwer löschbar und Gemobbte haben keinen Überblick, welche Medien (wie Bilder, Sprüche, Witze, etc.) über sie in Umlauf sind. Das erhöht die Hilflosigkeit um so mehr.
Folgen und Therapie
Bei Mobbing gibt es besonders für die Gemobbten, aber auch für die mobbenden Personen, weitreichende Folgen:
Folgen für Gemobbte
Sozialer Rückzug und Isolation
Gemobbte reagieren auf das Mobbingverhalten häufig mit Weinen oder sozialem Rückzug. Damit begegnen sie der von aussen erfahrenen Ausgrenzung aus Schule und sozialem Umfeld und vereinsamen. Teilweise verschlimmert sich die Situation so sehr, dass sie keinen einzigen Freund mehr in der Schulklasse haben. Manche werden zu Schulverweigerern.
Geringer Selbstwert
Mit jeder Mobbing-Erfahrung verschlechtert die Situation sich weiter und die betroffenen gemobbten Personen schreiben sich immer mehr negative Eigenschaften zu, wie sie seien unattraktiv oder dumm. Sie schämen sich, reagieren mit Selbsthass und vermindern dadurch immer mehr den eigenen Selbstwert.
Psychische Folgen
Mobbing-Erfahrungen reduzieren das subjektive Wohlbefinden der gemobbten Person. Zudem können sie zu weitreichenden negativen Folgen für die psychische Verfassung führen: Einerseits wirkt sich das erhöhte Stressempfinden auf den Körper aus, andererseits können Ängste und Depressionen ausgelöst werden.
Weitreichende Folgen auf die berufliche Laufbahn
Die Erfahrung des Mobbings kann weitreichende Folgen für die berufliche Laufbahn haben. Auch Jahre später können Situationen die Wut und Hilflosigkeit der Mobbingzeit hervorrufen und auch in scheinbar wenig schwierigen Situationen traumatische Reaktionen auslösen.
Folgen für Mobbende
Verhaltensauffälligkeiten und Folgen auf das soziale Umfeld
Je länger die Mobbing-Situation andauert, desto mehr werden Mobbende in ihrer Rolle bestätigt. Dadurch werden ihre Verhaltensweisen immer aggressiver und sie fühlen sich in ihrer Funktion bestärkt. Dies führt dazu, dass der Schweregrad der Verhaltensauffälligkeiten zunimmt, sich in anderen Bereichen zeigt und das Gewaltpotential steigt. Für die Eltern wird es immer schwieriger, Verhaltensregeln durchzusetzen oder das Kind in seiner Entwicklung zu unterstützen und erziehen.
Weitreichende Folgen auf die berufliche Laufbahn
Auch die Mobbenden können weitreichende negative Folgen in ihrer beruflichen Laufbahn erleben. Die gelernten Verhaltensmuster zeigen sie auch in neuen sozialen Situationen. Im Umfeld von Schule und Arbeitgeber, in welchem sie abhängig sind, werden diese Verhaltensmuster nicht geduldet und sanktioniert. Unter Umständen finden diese Personen keine Arbeitsstelle/Ausbildung/Schule.
Schuldgefühle
Im Erwachsenenalter schämen sich einige Mobbende für ihr früheres Verhalten und fühlen sich gegenüber dem Gemobbten schuldig. Sie wünschten, jemand hätte sie während dieser Zeit auf die Gemeinheiten aufmerksam gemacht und das negative Verhalten gestoppt.
Therapie und Training
Sie wissen nicht, wie damit umgehen, aber klar ist: Ihr Kind/ Jugendlicher leidet – entweder als gemobbte oder als mobbende Person. In der Lernpraxis setzen wir uns für beide Personen ein. Beide werden im Rahmen eines Deeskalations-Settings gezielt begleitet. Dafür beziehen wir auch die Zuschauer von Mobbing in die Therapie ein. Gerade bei Mobbing spielt der Einbezug der Eltern und häufig ebenfalls der Lehrpersonen sowie der Mitschüler eine wichtige Rolle. Diese werden zu einer aktiven Rolle im Mobbinggeschehen befähigt. In sehr gravierenden Fällen arbeiten wir auch mit den Hilfs- und Sozialdiensten zusammen. Parallel zur Arbeit in der Gruppe werden neue Fähigkeiten und Ressourcen beim Gemobbten wie beim Mobbenden gefunden, eingeübt und angewendet. Langfristig führt die gezielte Unterstützung zu einer Verbesserung der Situation für alle. Aktive Einflussnahme auf soziale Situationen kann überraschende Veränderungen bewirken.
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